10er von unten – Relaunch

Mittlerweile 3 Jahre nach der Erstbegegnung war es heute mal wieder an der Zeit, folgenden Ausnahme-Ortswein anzutesten:

2010er Riesling – Bockenauer – trocken – Ortswein, Schäfer-Fröhlich, Nahe

Farblich ein recht dichtes Goldgelb, fürs Näschen gibt’s einen superfrischen und sehr intensiven Mix aus Zesten und Spalten von Yuzu, Ugli und Pampelmuse gepaart mit einem kühl-blauem Steinmix aus Korund und Schiefer, auch etwas Edelstahl-Trennschnitt. Am Gaumen wird dieser fast etwas kantige Agrumenmix von einer Spur Linoleum begleitet, die äußerst agile Säure baut zwar eine ordentliche Spannung auf, der deutliche Gegenpol in Form von Zitrusextrakt vermeidet aber, daß der pH-Wert ins Aggressive absinkt; steinseitig neben der Bukettmineralik hier auch etwas Basalt. Der Abgang ist ein Mehrminüter und zelebriert den Zitrusmix mit leichter Schärfe und Melisse, sehr speichelfördernde (Extrakt-) Süße-Säure-Struktur.

Nach wie vor ein großartiger Ortswein mit kaum vernehmbaren Reifenoten, der so manches GG alt aussehen läßt. Die Bockenauer Lagen Felseneck und Stromberg sind -soweit bestockt- mehrheitlich vom VDP als Große Lage klassifiziert, es ist daher gut möglich, das ein Gutteil oder gar alles für diesen Ortswein daher stammt (wobei man einräumen muß, daß es in 2010 noch keine Großen Lagen gab, sondern nur „1. Lagen“, da dürfte aber flächenmäßig kein Unterschied bestehen). Es wäre jedenfalls sehr verlockend, die 10er GG’s aus diesen Lagen gegen diesen Wein zu stellen, gemäß meiner Erwartungshaltung müßten die ja noch komplexer, noch spannungsgeladener sein, also nahe oder genau auf der Riesling-Perfektion (zumindest wie ich sie definiere). Allerdings waren die genannten Premiumweine kaum für knapp 13 Euronen zu haben…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 22 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 17. Mai 2018:

Ich habe hier ja schon einige nicht ganz schlechte Weine aus den „A…jahr“ 2010 vorgestellt, frei nach dem Motto „Ein guter Winzer macht auch in schwierigen Jahren schöne Weine“. Zu einem großen Teil waren das aber Sachen aus den etwas höheren Ligen, deshalb nun mal näher an der Basis ein Ortswein aus diesem verschrieenen Jahr, allerdings auch von einem recht renommierten Weingut:

2010er Riesling – Bockenauer – trocken – Ortswein, Schäfer-Fröhlich, Nahe

Die Farbe ist ein leuchtendes, recht sattes Goldgelb, die Nase wird gleich von Beginn an mit vielen orangefarbenen Zitruszesten, etwas Korianderhonig sowie leicht Naphtalin (alternativ auch alte Kleiderkiste vom Speicher) bedacht. Dahinter ahnt man schon eine herbe, leicht schieferige Mineralik. Geschmacklich schlägt der Bockenauer in die gleiche Kerbe; dem Frucht- bzw. Zitruskonzentrat steht „foll phett“ die berüchtigte 10er Säure gegenüber, mit der auch nicht wenig Pomeranze mitkommt. Die schieferartigen Steine sind hier etwas größer, die Mottenkugeln nur ganz winzig. Der Abgang ist dann wieder ein klein bißchen mehr vom Naphtalin geprägt, alle anderen Aromen dürfen aber auch auf nicht geringem Niveau mitspielen.

Was für ein „subba Zeuch“! Nunmehr viel Extrakt und die wohl schon immer kernige Säure ergeben jetzt mit den interessanten Sekundäraromen einen intensiv erlebbaren, dabei absolut stimmigen und vor allem sehr flüssigen Riesling. Wieder ein wunderbares 10er-Erlebnis, sogar für recht überschaubares Geld.

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 22 von 25

2 comments on “10er von unten – Relaunch

  1. Chapeau – da hat sich das warten ja gelohnt! Wobei ich es schon mutig finde, einen Ortswein erst nach 8 Jahren zu öffnen.

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    • War ein eher kalkuliertes Risiko. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich ja die 12er und 15er Gutsweine von SF aufgemacht, die ich vor gut 2 Jahren beim Händler probiert habe. Genau dort habe ich erst vor ein paar Tagen diesen 10er entdeckt, gibt’s also noch! Säurereicher Jahrgang plus die super Erfahrung mit dem 12er Gutswein, da mußte ich einfach zuschlagen!

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