Rebsorte mit Z… – Relaunch 3

Heute mal wieder ein vermeintlicher „muß-weg-Wein“, den ich letztes Jahr entsprechend getagged habe. Aber in einigen Fällen erweist sich die schon morbid geglaubte Flasche dann doch besser als gedacht, nicht selten ist sie auch mit längerer Lagerzeit besser als die vorherige Flasche. Nun heißt es ja, daß so mancher Wein qualitativ nicht nur eine nach unten geöffnete Parabelfunktion durchläuft, sondern sich wellenförmig mehrfach auf und ab bewegen kann, quasi entsprechend einem Polynom 4., 6., 8. etc. Grades. Zumindest bei den verkorkten Weinen bin ich ja geneigt, daß diese vermeintliche Wellenbewegung nur darauf zurückzuführen ist, daß sich die Einzelflaschen aufgrund stark unterschiedlicher Sauerstoffdiffusionsraten der Verschlüsse entsprechend unterschiedlich entwickeln und man so mit den verschiedenen Momentaufnahmen zu diesem Qualitätsgezuppel kommt. Schaumama, wie es sich bei diesem Weinchen verhält:

2012er Zierfandler – Traiskirchner Igeln – trocken – Qw, Stadlmann, Thermenregion

Optisch sind wir nun bei einem dunklen Orange angelangt, nasal gibt’s thymianhoniggeschwängerte, orange Trockenagrumen, wirkt süßlich, aber nicht zuckersüß. Am Gaumen dann deutlich trockener als erwartet, die Honigseite kommt nur aromatisch, zuckerlos daher, es gibt aber einiges an Extraktsüße aus getrockneten Aprikosen und Physalis; die Säure ist nicht vorlaut, aber dafür potent und hält den aromatisch dicken Stoff gut niederviskos, das Ganze auf einer leicht herben Unterlage, bei der auch Koriandersaat eine Rolle spielt. Dann hallt’s gut lang nach, hier trumpft die Mineralik mit Glimmer und etwas Pfeffer auf, im Finale kommen dann Minneloa und etwas Kaki hoch.

Während ich bei der vorherigen Flasche noch meinte, daß man mit der letzten -dieser- nicht mehr allzu lange warten sollte, zeigt sich unser heutiges Exemplar in völlig schwächefreier Verfassung, vor allem gibt es im Bitterchenbereich nur ein paar dezente solche der äußerst angenehmen Sorte; zwar gut gereift, aber in keinster Weise ältlich, zumindest dieser Flasche hätte ich noch einige Jährchen zugetraut, wieder mal ein positiver Fall von Korkvarianz? Jedenfalls paßt hier in der Kategorie „Gereifte Dickweine mit Trinkfluß“ alles perfekt zusammen, große Freude!

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 25. April 2022:

Wieder mal ein essensseitiger Schrei nach „weiß und dick“, da schaue ich immer wieder gern mal in die Thermenregion, welche mit den beiden dort heimischen Sorten Rotgipfler und Zierfandler diese Charakteristik gut bedienen kann:

2012er Zierfandler – Traiskirchner Igeln – trocken – Qw, Stadlmann, Thermenregion

Farblich ein sehr sattes Altgold, riecht recht fett nach herbem Thymianhonig, dazu Kaki, Bitterorangenmarmelade und Koriandersaat. Am Gaumen wird die opulente Gelbfrucht weiter differenziert, Kaki, Aprikose und Physalis gibt’s hier neben dem oben erwähnten Agrumenaufstrich in ständig wechselnden Konzentrationen, wieder etwas Honig plus anfangs Bitterkräuter (später nur in Form von Zitrusbitterchen), genügend Säure zur Vermeidung irgendwelcher Anstrengungen, weiters abnehmend weißer Pfeffer und etwas Glimmer. Der sehr lange Abgang spielt auch mit diesem Glimmer- / Koriander- / Orangenbitterchen auf animierende Weise, im Finale dann eher ein bißchen Chinin.

Ganz sachte zeigen sich nun ein paar Altersbitterchen von ihrer besten Seite, sehr schöner Essensbegleiter für deftigeres Gemüse, aber auch solo wird der „Igeln“ trotz seiner Dichte nicht zu üppig. Dürfte jetzt nahe seines Zenits sein, wahrscheinlich knapp drüber, aber nicht viel, dennoch nach wie vor ein super Zeuch ohne Punkteabzug.

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 21. November 2020:

Gestern schrie das Essen nach „weiß und dick“, da habe ich mich des folgenden, seit über 4 Jahren geschmähten Weins erinnert:

2012er Zierfandler – Traiskirchner Igeln – trocken – Qw, Stadlmann, Thermenregion

Im Glas ein intensives Altgold, fürs Näschen gibt’s Orangenmarmelade und Lemon Curd, dazu etwas Zitronenmelisse und ganz leicht auch was Flintiges. Am Gaumen kommt der Zitrus-Jam-Mix incl. Bitterorange mit einiger Cremigkeit daher, die recht deutliche Säure sorgt jedoch in Verbindung mit etwas weißem Pfeffer für ungebremsten Trinkfluß; steinseitig auch eher was kühl-blaues als Unterlage. Nachhallmäßig dauert das Ganze mehrere Minuten, im Finale wärmt die Orangenmarmelade etwas, als wenn ein Hauch Cointreau im Spiel wäre, ansonsten trotz aller Fülle sehr animierend.

Der „Igeln“ wirkt aktuell allenfalls leicht angereift und ist mit Sicherheit noch nicht auf dem absteigenden Ast; gegenüber der Erstbegegnung hat sich das Stein- und Kernobst weitgehend zurückgezogen und gibt der zitrischen Seite mehr Raum, was trotz der Tatsache, daß wir hier etwas mehr auf der marmeladigen Seite unterwegs sind, die Frische deutlich befördert. Zierfandler können nämlich auch sehr mastig sein, wenn ich’s also „weiß und dick“ brauche, steht solches Zeug weit oben auf der Wunschliste.

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 06. März 2016:

…da gibt’s ja doch eine ganze Menge, wenn man mal dezidiert nachschaut, aber weitläufiger bekannt sind wohl nur Zweigelt und Zinfandel. Letzterer hat wiederum nichts mit dem Zierfandler zu tun, auch wenn’s sich ähnlich anhört; allerdings soll der Name Zinfandel angeblich irrtümlich für in die USA eingeführte Primitivo-Reben verwendet worden sein, welche irrtümlich mit „Zierfandler“ (oder so ähnlich) etikettiert waren.

Einen reinsortigen Zierfandler hatte ich hier noch nicht vorgestellt, das holen wir jetzt mal mit dem

2012er Zierfandler – Traiskirchner Igeln – trocken – Qw, Stadlmann, Thermenregion

nach. Der Zierfandler ist eine in der Thermenregion um Gumpoldskirchen autochtone Rebsorte und wird auch kaum außerhalb dieser Gegend angebaut.

Im Glas ein recht kräftiges Goldgelb. In der Nase sehr intensiv nach reifen bis gedörrten bzw. kandierten Quitten und Aprikosen sowie Rosinen und Erikahonig duftend. Auch eine steinige Mineralik kündigt sich an. Am Gaumen ebenfalls sehr reif und würzig, Quitte und Aprikose auch hier dominierend, aber auch Marula und Kaki lassen sich ausmachen. Eher entfernt die Säure mit etwas Limettenaroma, aber doch erkennbar. Der Wein müßte eigentlich mit dieser eher schweren, fast phenoligen Aromatik ein nicht so leicht zu stemmendes Gewächs sein, aber am Gaumen gibt sich der Zierfandler so cremig samtig, daß er dennoch trotz eher schmächtiger Säuretextur ungehindert fließen kann. Schmeckt nach 15 Umdrehungen, hat aber „nur“ 13,5. Der Nachhall hält kaum abklingend über mehrere Minuten an und betont die konzentrierten Fruchtaromen recht warm und eindrucksvoll.

Ziemlich fetter Stoff im besten Sinne. Ein Bio-Macho in feinstem Abendzwirn sozusagen. Nach deutschen VDP-Maßstäben wäre dies qualitativ sicher ein „Großes Gewächs“, offiziell ist es ein „Österreichischer Qualitätswein“, spezifische Qualitätskriterien wie „DAC“ oder eine privatwirtschaftliche Klassifizierung ähnlich der „Steirischen Klassik“, „Vinea Wachau“ oder „Österreichische Traditionsweingüter“ gibt es in dieser Gegend allesamt nicht. Bleibt einfach ein sehr guter Wein übrig…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3

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