Orange or not orange, that’s the question! – Relaunch

Es mehren sich die Relaunches von Weinen, die nach mehr als 4 Jahren Ruhe mal wieder angetestet werden, so auch der gestern ausgegrabene Basis-Orange vom Neusiedlersee:

2015er Grauburgunder – maischevergoren – trocken – Landwein Weinland, Andreas Gsellmann, Neusiedlersee

Farbmäßig haben wir hier ein leuchtendes Kupfer, nasal gibt’s in recht stoffiger und sekundärer Form Cantaloupe-Melone, dezent auch was Mandarinenzestiges, etwas entzuckerter Kastanienhonig, ein Hauch Karamell sowie ein bißchen Bienenwachs. Gaumal bestätigt sich das leicht Wachsige, die paar Fruchtfetzen stammen hier eher von Aprikose und Kaki, trotz ganz gut spürbarer Säure kommt der GB recht weich und fluffig, jedoch nicht behäbig daher, ein bißchen süßlich-malziger Pfeffer sowie Kümmel geben einen leichten Kick, darunter eher schwerer Ackerboden. Auch der Abgang ist von deutlich cremiger Natur, aber auch hier keine nachteilige Breitenwirkung, das Finale zelebriert ultraweichen Rosmarinhonig mit Kreide.

Mit der Reife haben sich in diesem Fall die Agrumen weitgehend zurückgezogen, der GB hat dadurch eine deutlich gesetztere Konsistenz und machte zum Rote Beete-Schlotzrisotto eine äußerst gute Figur; aber auch das Solo-Glas danach wirkte erstaunlicherweise kein Stück belastend, war eher so ein Ölflutscher. Ein Quasi-Orange für kleiner 9 Euronen, der mit 6 Jahren auf dem Buckel noch keinerlei Schwächen zeigt, das ist schon was!

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 09. November 2016:

Heute hatte ich mal wieder Lust auf ein Weinchen aus dem experimentierfreudigen Burgenland, nämlich den

2015er Grauburgunder – maischevergoren – trocken – Landwein Weinland, Andreas Gsellmann, Neusiedlersee

7 Tagen lang dürfen sich die Inhaltsstoffe aus den rötlichen Schalen ihren Weg ins Faß bahnen und dabei spontan vergären.

Die Farbe ist schon deutlich kupfrig bzw. zwiebelig, aber diese Färbung ist mir auch schon bei GB’s untergekommen (wenn auch meist ein bißchen heller), die das Adjektiv „maischevergoren“ nicht auf der Flasche stehen haben. Also von daher eher die Kategorie „weiß“. In der Nase zuerst vor allem Apfelsaft. Naturtrüb und von einer eher säuerlichen Sorte, z.B. Boskoop. Dazu etwas Moos und feuchter Keller, aber nicht muffig, eher in Richtung Pfifferlinge. Später auch Orangeat. Hier geht’s schon eher in Richtung Orange. Am Gaumen wirkt der GB recht leicht und flockig, aber nicht schwachbrüstig. Allerdings legt der GB im Laufe einer Stunde recht deutlich an Dichte zu. Es zeigen sich -anfangs filigrane- Zitrusnoten wie z.B. Pomelo und etwas Orange neben Granatapfel und weißer Johannisbeere. Zwischendrin hatte ich auch mal eine Rambutan-Assoziation, Karambole war auf der Durchreise, ebenfalls Kaktusfeige und saure Mango. Dabei schwingen immer ein paar leicht herbe Gerbstoffe mit. Die Säure ist für diese Rebsorte schön ausgeprägt und unterstützt den leichten Charakter. Der Abgang ist recht lang anhaltend und lebt von den hier weicheren Gerbstoffen, die Fruchtaromen sind hier alle leicht mit Braunwürze (z.B. Kümmel) und ganz dezent Cognac versetzt.

Auch die Eindrücke am Gaumen -wie die sich ständig ändernde Fruchtaromatik- sowie beim Hall danach zeigen mehr in die orange Richtung. Also irgendwie zwischen den Kategorien, nicht mehr ganz weiß, aber auch nicht so ganz orange, wie ich das Thema immer wieder gerne erlebe. Was aber nicht heißen soll, daß der Wein bzw. sein Erzeuger nicht weiß, was er will. Er hat eine schöne, eigenständige Stilistik, die aus beiden Genres ausschließlich schöne Merkmale übernimmt. Und das auf recht gelungene Art und Weise. Ach ja, der GB ist übrigens „nur“ ein Landwein, was wiederum für Orange spricht. Diese Farbe nehme ich jetzt einfach, auch wenn der Winzer den Wein offiziell nicht so ausweist, dafür gibt’s speziell einen Traminer von ihm.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3

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