WRINT-Flaschen nun aus P

Nachdem sich die WRINT-Online-Weinverkostungen mittlerweile zu einer festen Größe in unserem Weinleben entwickelt haben, war dieses mal (wie fast immer mit ordentlicher Verspätung, ich höre mir beim Schreiben gerade die 101. Folge an, die zugehörigen Weine warten derweil noch im Keller…) die 100. Flaschen-Folge mit Weinen aus Portugal dran. Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum auch an dieser Stelle und vielen Dank für diese sehr gelungene und häufig genug auch bereichernde Sendereihe!

Unser Einstieg begann jedoch ganz regional:

Wein A: 2019er [Gelber] Muskateller – trocken – Kabinett – Pw, Koehler-Ruprecht, Pfalz

Das Glas beherbergt ein helles Strohgelb, fürs Näschen gibt’s leicht großholzige Blumenwiese mit Löwenzahn und etwas Estragon. Am Gaumen setzt sich das so fort, auch hier ganz dezente, aber doch ungemein prägende Karamell- und Torfnoten, stramme Säure mit Lemon Pepper-Begleitung, auch die Basis weist kühlende wie wärmende Bestandteile in Form von Glimmer und Lehm auf. Auch bei dem sehr langen Abgang zeigt sich diese Ambivalenz zwischen Unkompliziertheit und Anspruch sehr deutlich.

Eigentlich vom Typ her eher ein Terrassinger, in seiner Ausprägung aber ein sehr ernsthafter und auch komplexer, vielschichtiger Wein mit eigenem Kopf, dabei aber die Rebsorte dennoch sehr typisch abbildend; großer Spaß für vergleichsweise Geld, obwohl 10 Euronen für Muskateller im nichtqualitativen Vergleich schon eher hochpreisig ist!

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 19 von 25

…und nun nach Portugal:

1. Wein: 2017er [Cuvée] – Dinamite Clay Powder – Blanc de blancs – Superreseva – brut nature – Bairrada DOC, Portugal Boutique Winery, Beira Atlantico

bzw.

Dieses Schäumerchen ist eine Cuvée aus Bical, Arinto und Chardonnay. Erst beim Fotografieren ist mir aufgefallen, daß als Gimmick auf dem Frontetikett ein abziehbarer Papierstreifen haftet, wenn man den entfernt, zeigt sich die Flasche wie auf dem rechten Bild.

Hell zitronengelb im Glas, mäßiger, mittelfeiner Blubber mit Ausdauer. Riecht nach hellgelber Exotik ohne Plakativität, weiters etwas Bohnerwachs und Vanille, später auch Marzipan, leicht volatile Säure. Am Gaumen dann deutlich prickeliger als es das Glas visuell erst mal ankündigt, auch hier eine hohe Spannung zwischen deutlicher Kribbelsäure nebst quasi totaler Trockenheit und der dezenten Fülle der hellgelben Exotikfrucht sowie den erwähnten Weichmachern, etwas Talcum als Unterlage. Ziemlich langer Nachhall mit Betonung der wachsigen Seite, welche durch die Säure konsequent zum Niederviskosen hin gezogen wird.

Sehr eigenständiges Blubberwasser mit einer an sich spannenden Textur, dennoch sind mir Schäumer mit einer klareren bzw. kühleren Struktur in der Regel fast lieber. Aber zu einem entsprechenden Essen (wie z.B. was dickeres Gemüsiges) kann ich mir das durchaus nochmals gut vorstellen.

Meine Wertung am ersten Tag: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 19 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: im Großen und Ganzen unverändert, es war auch noch überraschend viel Blubber übrig, insgesamt präsentiert sich der „Dinamite“ nun jedoch etwas klarer und frischer, da sich Vanille, Marzipan & Co. deutlich zurückgezogen haben.

Meine Wertung am zweiten Tag: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

2. Wein: 2020er [Cuvée] – Xisto Ilimitado – Branco – Douro DOP, Luis Seabra Vinhos, Douro

Dies ist eine Cuvée aus den allseits bekannten Sorten Rabigato, Viosinho, Gouveio und Códega.

Ein helleres Messing im Glas, geruchlich Birne mit leichter Karamellspur und Vanille bzw. Schnupftabak. Am Gaumen setzt sich das so fort, die Säure ist eher moderat, kann sich aber zumindest anfangs dennoch einigermaßen durchsetzen, bodenseitig assoziiere ich hier eher was Rotlehmiges, Schiefer (aka Xisto) kann ich jedoch nicht ausmachen. Auch beim Abgang ist mir dieser Branco irgendwie zu südländisch, ich habe kurz drüber nachgedacht, ein paar Tropfen Zitrone reinzupanschen…

Ist aus meiner Sicht eher ein Essenswein, der z.B. Gerichte begleiten kann, die etwas mehr Säure haben, durchaus auch zu einem balsamicogeschwängerten Salat als Ausgleich, solo fehlt’s für mich klar an Frische.

Meine Wertung am ersten Tag: Nachkauf 1 von 3, Gesamt 17 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: die Birne überstrahlt nun alles und die Säure verliert weiter an Boden, ist solo nunmehr fast anstrengend, wenn’s über 10 °C hinaus geht.

Meine Wertung am zweiten Tag: Nachkauf 1 von 3, Gesamt 15 von 25

3. Wein: 2019er [Cuvée] – Xisto Ilimitado – Tinto – Douro DOP, Luis Seabra Vinhos, Douro

Hierfür wurden die Sorten Malvasia Preta, Tinta Roriz, Donzlinho tinto, Touriga Franca, Tinta Barroca und Tinta Amarela vermanschelt.

Farblich ein dunkles Scharlachrot mit violetten Rändern, riecht herb-saftig nach Weichseln, Aronia und ein paar schwarzen Johannisbeeren mit deutlicher Gerbstoffankündigung, nur sehr dezente Holzaromatik. Am Gaumen kann der Wein mit der Bukettfülle nicht ganz mithalten, die o.g. Früchte verschwinden etwas hinter den zwar leicht kecken, aber nicht überbordenden Tanninen, die Säure ist dafür sehr agil; wenn man danach sucht, kann man den auf dem Etikett angekündigten Xisto bzw. Schiefer tatsächlich mit etwas Kalkbeimengung erahnen. Der schön lange Nachhall wiederholt das nochmals sehr schön, hier kommt die Mineralik etwas mehr zum Vorschein.

Sehr schöner, weil Frische und Fülle gut austarierender Wein, der sich vermutlich über die nächsten 5 bis 10 Jahre erst noch richtig entwickeln wird.

Meine Wertung am ersten Tag: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 19 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: Holz und Würze haben etwas aufgerüstet, auch die Tannine haben sich vermehrt, sind aber dafür etwas samtiger unterwegs; ein kleiner Gutenberg-Klebestift schwingt noch auf angenehme Weise mit. Ist insgesamt etwas fülliger geworden, jedoch keine relevante Bewegung in Richtung Behäbigkeit.

Meine Wertung am zweiten Tag: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

Fazit:

Es ist nicht das erste mal, daß das heimische Vorprogramm insbesondere PLV-mäßig die Wettbewerbsweine abgehängt hat. Dabei fand ich die 3 Portugiesen insgesamt im positiven Sinne sehr interessant, nur der Branco trifft halt einfach nicht meine Vorlieben hinsichtlich der Süße-Säure-Struktur. Nächstes mal gibt’s 3 Weine aus dem Norden der iberischen Halbinsel, die Besprechung im gerade laufenden Podcast hat sich durchaus vielversprechend angehört.

Und natürlich vielen Dank an die Mitstreiter, die nächste WRINT-Runde ist schon verplant!

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