5 Monate Verspätung – so what!

Wir haben’s mal wieder nicht geschafft, eine WRINT-Online-Weinverkostung live mitzuerleben, so lagen die drei Flaschen fast auf den Tag genau noch 5 weitere Monate im Keller, bis wir sie in mittelgroßer Runde endlich geöffnet haben. Aber nicht nur die, denn es gab das Verkostungspaket auch in einer Variante mit 3 Sardinenkonserven, die zum jeweiligen Fläschchen gut passen sollten, was wir natürlich auch ausprobieren mußten.

Wie üblich jedoch zuerst ein Einstieg mit völlig themenfremden Sachen:

Wein A: Wundertüte

Diese verkronkorkte Flasche ohne Etikett hat unser Gastgeber in seinem Keller gefunden und er meinte, er hätte keine Ahnung, wo die herkommt:

Im Glas ein leicht trübes Strohgelb, mäßiger, feiner Blubber mit guter Nachhaltigkeit. Riecht bereits recht trocken nach Grapefruitschale mit etwas Mirabelle, leichte Hefespur. Am Gaumen dann tatsächlich furztrocken, viele Gerbstoffe und weiße Tannine, leicht adstringierend, straffe und recht klare Säure, kaum Frucht, dafür eine ordentliche, kalkige Basis. Sehr langer, frisch-gegerbter Abgang mit hier besonders spannendem Süße-Säure-Spiel.

Boah, das ist richtig gut! Auch wenn ein Teil der Runde diesen Schäumer als recht fordernd einstufte. Wir tippten aufgrund der Umstände auf einen PétNat aus dem Trentino, vielleicht aus Solaris gemacht. Würde ich definitiv nachkaufen, wenn ich denn wüßte, was es gewesen ist.

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

…und jetzt nach Portugal:

1. Wein: 2018er [Grüner Veltliner] – Método Tradicional – brut nature – Vinho espumante de Qualidade, Conceito, Douro

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Die zugehörigen 2020er Jahrgangs-Sardinen sind übrigens klassisch in Öl eingelegt.

Farblich ein helleres Goldgelb, recht intensiver, mittelfeiner Blubber mit sehr guter Ausdauer. Riecht klar und straff nach Yuzu und sehr reifer Karambole, dazu ein Hauch Apfel, angekündigte klare Säure. Schmeckt auch sehr klar und frisch, ist knarztrocken mit kantiger Säure, fruchtseitig zeigen sich Zitrone und etwas unreifes Steinobst, extrem kühle Kalkbasis. Auch der Abgang ist hochspannend, straffe Säure gegen klare Agrumen, einfach super!

Grüner Veltliner aus Portugal, das ist tatsächlich kein Witz. Was da am Douro aus der österreichischen Paradesorte zu gezaubert wird, ist jedenfalls super spannendes Zeuch! Gefiel insgesamt auch besser als die obige Wundertüte, für mich sind beide Schäumer jedoch auf einem Level.

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

2. Wein: 2019er [Field Blend] – Contraste – Branco – Douro DOP, Conceito, Douro

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Dieser Wein enthält vor allem Rabigato, Códega do Larinho und Arinto sowie Dutzende anderer Sorten, bei den begleitenden Sardinen sind Tapenade und Knoblauch im Spiel.

Farblich ein helleres Strohgelb, riecht nach sehr sekundären Agrumenalbedos von Zitrone und Pampelmuse. Gaumal kommt das Ganze dann einigermaßen salzig daher, die Fruchtseite ist zwar relativ belegt, aber die gut proportionierte Säure hält da souverän dagegen; auch die Steinseite ist eigentlich eher behäbig im Talcumbereich angesiedelt, die Säure bügelt da aber selbstbewußt drüber. Beim sehr schön langen Abgang ziehen dann vor allem die salzigen Agrumen alle Register.

Kaum zu glauben, daß das hier ein vermeintlich eher warmer Portugiese ist, das Salz hilft zwar deutlich bzgl. des Frischegefühls, aber die Säure ist auch für sich ohne Wenn und Aber cool-climate-konform.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

3. Wein: 2019er [Field Blend] – Contraste – Tinto – Douro DOP, Conceito, Douro

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Hier sind hauptsächlich die Sorten Touriga Franca, Touriga Nacional und Tinta Roriz im Spiel, viele weitere sind in geringerem Ausmaß enthalten; die Sardinen kommen in pikanter Tomatensauce daher.

Es zeigt sich ein mitteltransparentes Violettrot, geruchlich gibt’s Mon Cherie-Kirsche ohne Alk, schmeckt dann auch so, wobei die Frucht noch jugendlich keck ist, eigentlich auch plakativ bzw. noch ein bißchen vorlaut, aber erstaunlicherweise nicht störend; weiters eine durchaus schöne Säure sowie eine ordentliche Kalkbasis. Ausdauernder, geschmeidiger Abgang mit recht saftiger Komponente.

Hat superschöne Anlagen, ist aber aktuell noch deutlich zu jung; angesichts des überschaubaren Preises ist hier jedoch ein Nachkauf durchaus angeraten, da wird noch was draus.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 18 von 25

Danach ging’s dann noch mit einer größeren Auswahl an begleitenden Speisen weiter, wozu es folgende Weinchen gab:

Wein B: [2021er] [Cuvée] – Little Bastard – [trocken] – Landwein der Mosel, Staffelter Hof – Jan-Matthias Klein, Mosel

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Hier wollte ich einfach mal zeigen, wie’s am rechten Rand des Etiketts weitergeht, das Ganze ist eine Cuvée aus Riesling, Sauvignon blanc, Müller-Thurgau und Muskateller.

Im Glas ein leicht trübes, helleres Goldgelb, nasal zeigt sich gegerbte wie frische Frucht aus anfermentierter Zitrone und Nashi-Birne, auch etwas Weinbergspfirsich, leichter Heferest, einiger Restbizzel kitzelt die Nase. Am Gaumen dann eine Melange aus saurem Apfel (Boskoop), Stachelbeere, unreifer Williamsbirne, wieder diese Pfirsichart und Frühlingswiese, kräuterseitig etwas Melisse und Estragon, straffe Säure, ein Pfund gelöschter Kalk. Auch der sehr lange Nachhall erfreut mit dem Gegensatz aus frischespendender Säure und leicht schmeichelnder Mineralik bzw. der Gerbstofffracht.

Super trinkiger Quasi-Naturinger ohne akademischen Anspruch, alternativer Spaßwein mit dennoch vorhandenem Qualitätsanspruch im allerbesten Sinne.

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 20 von 25

Wein C: 2019er Pinot grigio – Aristos – Südtiroler Eisacktaler DOC, Eisacktaler Kellerei, Südtirol

Ein helleres Messing zeigt sich im Glas, riecht nach Kaktusfeige und samtigem Exotik-Fruchtsalat. Am Gaumen ist die Frucht auch von eher belegter / verschleierter Natur, etwas Joghurtbecher schwingt mit. Schmeckt dann auch so, zwar eine relativ schöne Säure, aber insgesamt wirkt der Wein dann doch eher dumpf bzw. behäbig, als Unterlage gibt’s Speckstein und Talcum. Auch der Abgang ist geprägt von dieser gebremsten Schmeichelaromatik, was so gar nicht mein Fall ist.

Ein weiterer Beleg dafür, daß sich die Weine der Eisacktaler Genossen seit dem Weggang ihres ehemaligen Kellermeisters Thomas Dorfmann deutlich von meinen geschmacklichen Vorlieben entfernt haben, was ich ziemlich schade finde.

Meine Wertung: Nachkauf 1 von 3, Gesamt 15 von 25

Wein D: 2018er Sylvaner – Südtiroler Eisacktal DOC, Thomas Dorfmann, Südtirol

Farblich ein mittleres Goldgelb, riecht nach einem Mix aus Physalis, reifem Pfirsich und Kaki der etwas sekundäreren Art ohne jegliche Opulenz, ansatzweise ein bißchen braunkräuterig. Geschmacklich auch diese schon gut orange anmutende Fruchtseite, die einerseits ordentlich Schmackes hat, andererseits aber doch recht leicht-fluffig wirkt, die Säure ist tatsächlich eher moderat vertreten, dennoch wirkt das Ganze höchst trinkig, sogar der eher lössige Bodeneindruck beeinflußt den Trinkfluß nicht negativ.

Zwar leicht warmweinig, aber dennoch ein höchst animierender Berg-Sylvaner, da bin ich gespannt, wie die Weine aus kühleren Jahren daherkommen, macht definitiv Lust auf mehr!

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 19 von 25

Fazit:

Das war tatsächlich eine der besseren WRINT-Runden, hier hatte nur der Rote im Bunde das Problem, daß er noch zu jung war, Schaum und Branco haben uns durchaus überzeugt; die Sardinenbegleitung fanden wir ebenfalls passend wie gelungen. Sehr erhellend fand ich im Rahmenprogramm die Begegnung der zwei Eisacktaler Weine, denn ich habe schon mehrfach festgestellt, daß mich die Erzeugnisse der Klausener Genossenschaft seit ein paar Jahren kaum noch begeistern können, eigentlich gar nicht mehr. Daß das mit dem Weggang des ehemaligen Kellermeisters Thomas Dorfmanns zu tun haben könnte, habe ich erst später erfahren. Der Vergleich eines 19er Pinot grigios der Genossen mit einem 18er Sylvaner des neuen, kleinen Guts von Thomas Dorfmann ist natürlich „Äpfel mit Birnen“, aber dennoch zeigt sich in letzterem Fall sehr schön die Fortführung des einstigen Stils der Eisacktaler Kellerei.

Und zuletzt das obligatorische wie verdiente Lob an die Gastgeber, gerne mehr von den kulinarischen Experimenten, vielen Dank dafür!

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