Preis-werter Orts-Pinot – Relaunch

Von den meisten Weinen kaufe ich in der Regel zwei Flaschen, eine für relativ bald und eine für den aus dem Ersteindruck abgeleiteten bzw. vermuteten Zenit. Das Letztere klapp natürlich nicht immer, wahrscheinlich sogar eher selten, aber mir ist die Vielfalt im Wein dann in der Abwägung doch deutlich wichtiger als das feiner aufgelöste Bild des Reifeverlaufs, welches sich bei 6 oder gar 12 Flaschen, welche dann in kürzeren Intervallen geöffnet werden können, ergeben kann. In diesem Fall habe ich die zwei Flaschen erst erworben, als diese schon 11 Jahre alt waren, die Erstbegegnung verlief äußerst erfreulich und so habe ich mich entschlossen, die zweite Flasche im Alter von ca. 15 Jahren zu öffnen, mal sehen, ob der Ortswein das Zeug dazu hat:

2008er Spätburgunder – Bürgstadter – trocken – [Ortswein], Fürst, Franken

Farblich ein dunkleres Kirschziegelrot mit etwas erhöhter Transparenz, nasal zeigen sich leicht angekochte Kirschen mit geringem Pflaumenanteil, das Holz ist dezent wie prägend mit hellem Tabak in Buchenholzkistchen, ein Hauch Pfifferling noch. Gaumal deutlich leichter als erwartet, die Frucht ist hier auch klarer und frischer, das Holz zeigt sich etwas transparenter, ganz leicht etwas Lignin, die einst vorhandenen Tannine haben sich fast vollständig aufgelöst; als Basis etwas, für das ich keine wirkliche Assoziation finde, irgendwie ein bißchen kunststeinig ohne daß ich das Attribut „künstlich“ bemühen möchte, mit viel Luft zeigt sich dann aber doch recht eindeutig ein Kreide-Talcum-Gemisch. Auch der minutenlange Nachhall kommt trotz einer frucht- und holzseitigen Aromenfülle fast filigran daher, im Finale dann eine Art Lakritztee.

Das ist immer noch ein Spätburgunder, dem man kaum was vorhalten kann, aber im Vergleich zur Erstbegegnung vor ca. 4 Jahren merkt man schon, daß ein paar Zutaten schwinden und nicht in gleichem Maß für Nachschub gesorgt wird, sollte man deshalb m.E. zeitnah austrinken (eine Flasche für spontanes Verklappen ginge aber noch…), kann mir nicht vorstellen, daß es hier nochmal bergauf gehen könnte, jedenfalls war der Erstkontakt deutlich näher am Höhepunkt, ob davor oder dahinter, wer weiß…

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 27. September 2019:

Ich habe am Donnerstag ein Paket mit Weinen bekommen, die ich einem Weinforums-Mitglied abgekauft habe, eine Flasche davon hat mich nach dem Auspacken (und angesichts des freitäglichen Speiseplans) so extrem angelacht, daß sie gestern Abend gleich dran glauben mußte:

2008er Spätburgunder – Bürgstadter – trocken – [Ortswein], Fürst, Franken

Farblich rubinrot mit ganz leichter Tendenz zum Ziegelrot, das Bukett zeigt anfangs Kirsch- / Walderdbeerkompott der sehr angenehmen Sorte, dazu dezentes Holz in Form von 45er Schokolade und einem Hauch hellen Tabaks; mit Luft kommen auch ein paar Dörrpflaumen dazu, welche die Erdbeeren völlig zurückdrängen, das Holz gewinnt deutlich an Struktur. Mit noch mehr Luft häufen sich dann auf einmal Waldboden und Trüffel sowie Baumschwamm. Geschmacklich dann zuerst ein paar recht samtige Tannine, begleitet von einer durchaus deutlichen Säure, dann das hier etwas präsentere, aber dennoch zurückhaltende Holz und last but not least die hier reichlich sekundäre, reife Frucht; auch hier eine deutliche Zunahme der waldigen Aromen über die Zeit. Auch der lange Abgang macht anhaltend Freude, vor allem aufgrund der sehr belebenden Säure, die hier die Frucht nochmal ein Stück weit aus der Reife zurückholt, das Finale zeigt irgendwann noch etwas Minze.

Wunderschöner, eigentlich bis jetzt nur angereifter Spätburgunder, anfangs noch „halb deutsch“, mit Luft eilt der Wein dann schnell zur französischen Grenze und deutlich drüber hinweg. Auch sind die knapp 20 Euronen für einen „profanen Ortswein“ in diesem Fall keineswegs als ambitioniert zu bezeichnen, sondern schlicht und ergreifend saugünstig; hat zwar nicht die Finesse der ganz großen Rebsortenvertreter, aber weit weg ist er davon auch nicht…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 22 von 25

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