Verkannte Burgundersorte – Relaunch 2

Auf der Suche nach was ganz Einfachem, das aber natürlich nicht auch ganz banal sein sollte, habe ich mich an einen Wein aus einer Underdog-Rebsorte erinnert, die am Bodensee auch gerne „Gelber Burgunder“ genannt wird. Es ist nun schon bald wieder 4 Jahre seit der letzten Begegnung her, mal sehen, was sich da getan hat und ob wir nicht vielleicht schon gnadenlos im Sturzflug sind, schließlich ist es ja „nur“ Auxerrois und dazu auch „nur“ ein Ortswein, der seinerzeit weniger als 9 Euronen gekostet hat:

2016er Auxerrois – Heidelberger – trocken – [Ortswein], Seeger, Baden

Visuell ein Goldgelb mit Messingschlag, es riecht leicht reduktiv flintig, dahinter gibt’s vor allem Pastinake und Mairübchen. Geschmacklich dann auch völlig fruchtbefreit, wieder einiges an Gewurzele mit Basalt, Flint und Kräutersalz, die Säure ist klar wie potent, ein tuffig-moosiges Bachbett gibt’s noch; mit Luft tauchen tatsächlich ein paar Mandarinenmoleküle auf, mit noch mehr O2 auch etwas Zuckerrohrextrakt. Dann ein schön langer Abgang, der wiederum fast fruchtbefreit ist und hauptsächlich von der feinen Kräutersalzspur lebt.

Auxerrois fristet ja überwiegend ein Dasein als „nebensächliche Rebsorte“, die zumeist recht primärfruchtig und mit „milder Säure“ vinifiziert wird. Da ist dieser -mittlerweile- quasi fruchtlose und frische, zwar filigrane, aber deshalb nicht substanzlos gewordene Auxi schon eine recht löbliche Ausnahme, vor allem die mit Luft zunehmende Salzfracht macht einige Freude. Relevante Alterungsnoten zeigen sich neben der Tatsache des Fruchtschwunds nicht, allerdings gehe ich nicht davon aus, daß das mit weiterer Lagerung noch besser werden würde.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 18 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: nasal nun doch zaghaft was Hellgelbfruchtiges, dafür ist der Flint weg. Gaumal dann jedoch eine signifikante Fruchtzunahme in Form von sekundärer Kaktusfeige und Nashi-Birne, Flint und Salz haben sich hier schön gehalten, auch die Säure hat den gleichen Zug wie gestern. Auch abgangsseitig bleiben wir auf der salzig-animierenden Seite. Scheint also schon noch Durchhaltevermögen zu haben…

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 29. Mai 2020:

Heute war was gänzlich Unkompliziertes gefragt, da hab ich nach längerer Zeit mal wieder eine Rebsorte auserkoren, die ganz und gar nicht unter Generalverdacht steht, hochanspruchsvolle Weinchen zu verursachen:

2016er Auxerrois – Heidelberger – trocken – [Ortswein], Seeger, Baden

Farblich ein leuchtendes Strohgelb, in der Nase ein Mix aus Weinbergspfirsich, Mirabelle und ein paar gelb-grünen Agrumen. Am Gaumen ist der Fruchtextrakt recht deutlich, hat aber nichts Plakativites an sich, super Kontrapunkt in Form von Limette und einer gut strukturierten Säure incl. ganz leichtem CO2-Rest, darunter was Tuffsteiniges mit ein paar Wiesenblümchen rundrum; mit etwas Temperatur ganz leicht was Mandeliges, das einen Hauch von Cremigkeit mit sich bringt. Auch der Abgang ist schmackig und dennoch leicht mit sehr schöner Balance der Kräfte.

Dieser Orts-Auxi ist ein nach wie vor ein richtig schöner, leichter, dabei durchaus ernsthaft fruchtiger Wein, der trotz seiner gerade mal 11,5 Umdrehungen nicht mal im Ansatz ein Zuckerschwänzchen mitzieht; die (Frucht-) Süße ist zwar spürbar, aber freien Zucker gibt’s überhaupt nicht, für mich sehr angenehm. Irgendwie ein „perfekter kleiner Wein“, der sich auch schön nach vorne entwickelt hat, machte zu Schnitzelchen deutliche Freude!

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 18 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 15. November 2017:

In der Riege der Burgundersorten gibt es solche mit hohem (z.B. Spätburgunder) und mit weniger hohem Ansehen (z.B. Grauburgunder). Der Auxerrois hat dagegen eher gar kein Ansehen. Warum das im Einzelnen so ist, kann ich gar nicht sagen. Ist die Sorte hinsichtlich ihrer Eigenschaften schlicht nicht so toll wie z.B. der Chardonnay? Oder macht sie einfach nur mehr Arbeit? Ich habe auch einmal von einem Weinwissenden gehört, daß der Auxerrois aufgrund seines eher geringen Säuregehaltes nicht für höhere Weihen gemacht ist. Kann ich allerdings nicht so ganz nachvollziehen, Grauburgunder ist schließlich auch alles andere als ein Säuremonster und doch machen manche -vor allem badische- Winzer so manche großen Weine draus, bis hin zu solchen mit GG-Status. Den Auxerrois würde ich als Laie da nicht grundsätzlich anders einstufen, aber Große Gewächse kann man aufgrund der geltenden Regularien daraus dennoch nicht machen. Immerhin gibt es aber vom nordbadischen VDP-Weingut Seeger aus dieser Sorte auch einen Ortswein und sogar einen Lagenwein vom Heidelberger Herrenberg, der in der Preisliste unter den „Ersten Lagen“ geführt wird; auf der Flasche steht’s allerdings so nicht drauf. Heute fangen wir aber mal mit dem Ortswein an:

2016er Auxerrois – Heidelberger – trocken – [Ortswein], Seeger, Baden

Die Farbe ist ein helleres Strohgelb, geruchlich gibt’s vor allem Äpfel und ein paar Birnen herberer Natur, Karambole und Pitahaya findet man auch noch. Am Gaumen ebenfalls kernobstig, auch hier leicht herb, nach einiger Zeit auch etwas gerbstoffig mit Maracuja-Touch. Weiters ein bißchen Macadamia, daraus ergibt sich eine angedeutete Cremigkeit. Die Säure ist recht munter und hält den leichten 11,5-Prozenter auf der beschwingten Seite. Der Abgang ist von schöner Länge und bietet ein fruchtig-mineralisches, ganz leicht reduktives Finale.

Mal ein ganz anderer Auxi, der zwar einiges an schöner Frucht bietet, diese ist aber nicht plakativ und wird von einer schönen, herb-gegerbten Mineralik begleitet. Ein Saufwein mit Niveau quasi, der auch ein bißchen erkennen läßt, wo diese Rebsorte eigentlich herkommt.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 17 von 25

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