Rätsel-BF – Nachtrag 2

Der letzte Blaufränkisch aka Kékfrankos ist nun schon wieder über 3 Monate her, kann man wirklich so lange ohne diese wunderbare Rebsorte überleben? Eigentlich kaum vorstellbar, aber es gibt halt noch so viel anderes, schönes Zeuch. Heute dann essensbedingt das Verlangen nach einem eher kühlen Roten, da ist natürlich die Riege der Blaufränkischen von erhöhtem Interesse. Bei dem Wein, der es dann letztlich wurde, dachte ich mir erst, daß der eher wärmere Jahrgang vielleicht nicht meinem heutigen Beuteschema entspricht, aber dann überwog das schon länger währende Interesse, wie sich dieser Exil-Wiener präsentiert:

2018er Blaufränkisch – [Eisenberger Reihburg] – Nähe Hetfleisch – trocken – Landwein Weinland, Jutta Ambrositsch & Christoph Wachter, Eisenberg

Laut Heimseite bezieht sich der Name Hetfleisch auf den seit langer Zeit geschlossenen Gasthof Erika
Hetfleisch in bzw. bei Eisenberg a.d. Pinka, in das die emittierende Winzerin in ihrer Jugend gerne gegangen ist. Und direkt in der Nähe befindet sich die Riede Eisenberger Reihburg. Offiziell vinifiziert in manchen guten Jahren Christoph Wachter -vom Weingut Wachter Wiesler- diesen Blaufränkisch aus 80-jährigen Reben und Jutta Ambrositsch (bzw. mittlerweile eigentlich Kalchbrenner) füllt ihn in gerade mal 240 Flaschen ab. Die Winzerin stammt also aus der Ecke, ich weiß aber nicht genau, wie die Konstellation Ambrositsch / Wachter zustande kam und wer beim „Hetfleisch“ nun genau was macht. Aber schauen wir mal, was uns da erwartet, denn der Name „Reihburg“ weckt ja schon einige Erwartungen, auch wenn er nicht auf dem Etikett, sondern -landweinbedingt- nur nach etwas Rumgerätsele in den Tiefen des Internets zu finden ist:

Optisch ein dunkles Violettrot, fürs Näschen gibt’s einen gleichermaßen kühlen wie warmen Mix aus Schwarzkirschen, schwarzer Johannisbeere und Brombeere, gehaucht auch Aronia, dazu eine kühle Mineralik, die an Glimmer und Eisen erinnert. Am Gaumen dann recht fordernd, denn zu Glimmer und Eisen kommen auch straff Jod und Blut, die Frucht ist maximal kühl, wirkt sehr intensiv bzw. hat Zug, bewegt sich aber fern jeglicher Opulenz; mit der Säure kommt auch eine zuckerbefreite, vielleicht nicht ganz reife Blutorange mit. Beim ausdauernden Nachhall kommen dann die Tannine richtig in Fahrt, sie sind zwar anfangs nicht im Übermaß vorhanden, sorgen aber doch gleich prägnant für einen leicht dehydrierenden und dann stetig wachsenden Mikrofaserpelz, im Finale dann wieder mehr Raum für die von der Sauerkirsche angeführten Rotfrucht.

Dieser BF ist eigentlich gnadenlos zu jung, ist dabei aktuell eine Mischung aus frech und unnahbar, macht aber auch in diesem embryonalen Stadium schon richtig viel Freude, vor allem weil hier das Potential nicht nur erahnbar ist, sondern einen nahezu anschreit. Und er ist m.E. vor allem ein ziemlich typischer Südburgenländer -sogar Eisenberger- und macht dem Namen der Herkunftsriede -so dies denn auch stimmen möge- absolut keine Schande. Zumindest aus der Aromatik heraus kann ich nichts erkennen, das qualitätsweinunwürdig wäre, aber vermutlich wurde der Wein erst gar nicht zur Prüfung angestellt, weil Jutta Ambrositsch diesbezüglich zumindest bei ihren Wiener Weinen ja schon um 2016 herum den Stecker final gezogen hat. Der nächsten Flasche gebe ich mindestens 5, vielleicht sogar 10 Jahre Zeit und sehe der ziemlich sicheren Steigerung mit Freude entgegen…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 22 von 25

1. Nachtrag nach mit 24 Stunden mit Luft: insbesondere nasal zeigen sich nun auch ganz dezent ein paar kühlere Holznoten plus Eukalyptus. Gaumal steht der Wein jedoch unverrückbar wie gestern im Glas…

2. Nachtrag nach mit 72 Stunden mit Luft: nasal wird’s etwas wärmer, ein Hauch Gutenberg-Klebestift mischt sich ein, am Gaumen gewinnen die eher hellen Tannine mehr Raum und sorgen nun auch hier schon für eine leichte Pelzigkeit, dagegen wird die Frucht nebst Säure deutlich klarer. Immer noch ohne Fehl und Tadel!

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