Oranges GG

Gestern habe ich was Geschmeidigeres zum Essen gebraucht, da bin ich mal wieder voll ins Risiko gegangen und habe folgende Blindkaufflasche ausgesucht:

2016er Grauburgunder – Lahrer Kirchgasse – trocken – Große Lage – GG, Wöhrle, Baden

Im Glas sowas wie ein farblich intensives Hellkupferapricot, welches darauf hinweist, daß man der Grauburgundermaische schon ein bißchen mehr Zeit als üblich gegeben hat, ihre Inhaltsstoffe für die weitere Weinwerdung preiszugeben, jedenfalls eine ganz eigene, wohlige Farbe. Riecht dann nach reduziertem Mangokompott, ein bißchen Pfirsich und etwas sonnengegerbtem Fichtenholz, je Luft desto Gerbstoff entwickelt sich. Auch am Gaumen fällt mir zuerst Mango ein, allerdings sehr sekundärfruchtig und in gewisser Weise elitär wirkend, dazu eine leichte Weißpfefferspur, relativ deutliche, aber doch vornehm zurückhaltende Säure, die leichte -mit der Zeit zunehmend gerbstoffdotierte- Cremigkeit führt nicht in die Breite, weiters eine flaumige, kalkbasierte Basis. Der ziemlich lang hallende Nachhall findet in schöner Balance zwischen Eleganz und Frische statt, im Finale taucht noch eine sekundäre Aprikose auf, mit Luft dann auch ein kleines, animierendes Chinin-Bitterchen.

Ich hab diese Flasche mal von einer Resterampe quasi zum Erste-Lagen-Preis mitgehen lassen; da ich das Weingut nicht kannte, hätte ich hier zum Normalpreis unprobiert kaum zugeschlagen, aber so war’s eine „No risk no fun-Entscheidung“, die man nach der Öffnung nicht bereuen muß. Diese ganz dezent orange-angehauchte Stilistik mit nobler Exotik und sehr schöner, ebenso nobel wirkender Säurestruktur nebst ein paar neckischen Kanten präsentiert einen Grauburgunder, der das Klischee vom häßlichen Entlein der Weinwelt so gar nicht erfüllen mag. Nicht der absolute Brecher, aber doch so eigenständig und freudespendend, daß ich hier auch zum regulären Preis einen Nachkauf in Erwägung ziehe.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

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