Schwarz und kühl

Es wird manchmal hinsichtlich des Weinkaufs eine Regel kolportiert, welche besagt, daß man Weißweine aus kühlen Jahren (da frisch und beschwingt) und Rotweine aus warmen Jahren (da expressiv und komplex) kaufen soll. Das kann ich durchaus auch unterschreiben, allerdings gibt’s genügend Gelegenheiten, bei denen auch ein frischerer, kühlerer Rotwein seine Berechtigung hat. Allerdings ist es meiner Erfahrung nach ungleich schwerer, einen kühlen Roten zu vinifizieren, der im gleichen Atemzug nicht auch lätschert wirkt. Ein Weingut, von dem ich eine größere Zahl an Kaltjahrrotweinen gekauft habe, ist Seeger von der Badischen Bergstraße, folgende Flasche war gestern dran:

2014er Schwarzriesling – „R“ – trocken – Qw, Seeger, Baden

Farblich ein dunkles Rubinrot mit leicht ziegeligen Rändern, geringe Transparenz. Ein schöne halbprimäre Kirschwolke steigt in die Nase, dezentes, aber prägendes Holz mit Baumschwamm und Ziegenbart sowie einem Hauch Karamell. Am Gaumen ist die Kirsche dann deutlich kühler und klarer, ein paar nicht ganz reife Exemplare sind dabei, recht straffe, kühl-grünliche Säure, auch das Holz wirkt hier deutlich kühler und essigbaumiger, ein leicht algiges Bachbett als Basis. Der sehr lange und ebenfalls frisch-grünliche Abgang ist ebenfalls klar das Kind eines kalten Jahres.

Dies ist ein recht exemplarischer Cool-Climate-Wein ohne Kälteloch, der erfolgreich knapp vor der Unreifegrenze entlangschrappt, dennoch muß man sowas schon mögen; mollig, schmeichelnd oder wärmend ist das nicht. Eher wie ein kühler Sommerregen…

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

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