Viel drin und dennoch beschwingt – Relaunch

Portugiesische Dãos haben nach meiner Erfahrung relativ häufig einen sehr langsamen Reifeverlauf, manche fangen erst nach gut 20 Jahren an, ihre violetten Randerscheinungen langsam ins Bräunliche zu transferieren. Im zarten Alter von 9 Jahren zeigte sich der

2010er [Cuvée] – Dona Louise – Vinho tinto – Dão DOC, Quinta de Lemos, Beiras

nur ansatzweise angereift, vielleicht sind wir ja nun ein kleines Stück weiter immer noch in meinem Wohlfühlbereich, denn zu tertiär mag ich’s ja auch nicht, jedenfalls für heute ist die Erwartungshaltung eine andere…

Für die Optik ein dunkles Granatrot mit geringer Transparenz, am Rand erste ziegelige Ansätze. Geruchlich gibt’s einen Mix aus ankompottierten sowie recht frischen Dunkelbeeren, auch etwas Blutorange kündigt sich an, etwas Tapenade noch, das Holz ist hier nur leicht stützend mit ein paar leicht grünlichen Anteilen unterwegs. Am Gaumen dann deutlich wuchtiger und balsamischer als nasal angekündigt, es sind zwar auch noch Frischfruchtanteile vorhanden, jedoch geringer als erhofft, die gut bemessene Säure und der auffällige Anteil an Rotagrumik halten die Viskosität aber dennoch gut im erträglichen Bereich; das Holz auch hier relativ zurückhaltend, aber doch prägnant, es zeigen sich nun auch braunere Noten in Form von Kakao und dunklerem Tabak, recht erdige Basis. Der ultralange Nachhall ist dann der dickflüssigste Teil des Genusses, hier wird’s dann im Soloteil doch leicht anstrengend.

Nun hat sich in den letzten 4 Jahren doch mehr getan, als ich gedacht hatte. Ist für mich jetzt am Scheideweg, wenn’s noch deutlicher tertiär wird, rutschen wir unter die Nachkaufhürde. Aktuell retten den Wein die schönen Zitrusnoten, zum gehaltvolleren, tomatenlastigen Essen paßt dieser objektiv immer noch sehr gute Dão sehr schön, das Glas danach wird dann aber doch ansatzweise schwierig (für mich).

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 1. November 2019:

Heute gab’s mal was Mexicanisches zum Abendessen; mit Weinen aus diesem Land habe ich jedoch kaum Erfahrung, genau gesagt nur eine einzige und die war höchst negativ. Deshalb ist der für Mexico reservierte Teil in meinem weitläufigen Kreuzgewölbekeller auch seit Jahren leer und ich habe mich ersatzweise aus dem Portugal-Flügel bedient:

2010er [Cuvée] – Dona Louise – Vinho tinto – Dão DOC, Quinta de Lemos, Beiras

Dies ist übrigens eine Cuvée aus Touriga Nacional, Tinta Roriz und Jaen.

Im Glas ein recht dunkles Granatrot mit Tendenz zum Purpur, mäßig transparent. Das Bukett ist sehr dicht mit dunklen Beeren à la Brom-, Heidel- und Preisel- plus roter Pflaume, fast etwas eingetrocknet, jedoch fern jeglicher Kompottigkeit; dazu sanft-kräftiges Holz in Form von Vanille, Zuckerkulör, getrockneter Feige und Ahornsirup, jedoch ohne jegliche Schwere. Am Gaumen erst einige butterweiche, dennoch würzige Tannine mit einem kleinen Anflug von Pelz, die Frucht ist schön herb mit leichtem Bitterchen von angebranntem Chili con Carne, jedoch in einer recht angenehmen Konzentration, dazu ein kleines, herb-bitter-blaues Steinbett; das Holz ist hier ähnlich dezent und dennoch präsent wie beim Bukett und wird durch etwas Ackerscholle ergänzt, die Säure ist fast unauffällig, leistet aber großartige Arbeit. Der Abgang ist der herbste Teil, der ordentliche Fruchtextrakt incl. kleinem Pomeranzenbitterchen hält jedoch mit Macht dagegen und hält alles bis zum minutenlangen Finale auf der geschmeidigen Seite.

Wenn ich was eher fettes Rotes will, dann sowas wie hier, das trotz allem aufgebauten Druck immer durch Säure und „entspannende“ Aromenbestandteile eine gewisse Leichtigkeit hochhält; auch die immerhin 14,5 Umdrehungen fallen nicht mal im Ansatz auf. Auch die 9 Jahre, die „Dona Louise“ mittlerweile auf dem Buckel hat, merkt man hinsichtlich irgendwelcher Alterungsnoten nicht mal ansatzweise, ist aktuell gerade mal etwas angereift. Da muß sich die Rhône warm anziehen…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 22 von 25

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