China-Hölle – Relaunch

Wenn’s um Gehalt im Wein geht, bevorzuge ich in der Regel solche Sachen, die eher „Zug“ denn „Druck“ haben, zumeist sind aber Vertreter der eher „feinen Klinge“ bevorzugt. Aber zu so mancher Speise braucht man halt auch etwas mehr Potenz im Glas, und so habe ich mich heute folgenden Weins erinnert:

2015er Riesling – Hochheim Hölle – trocken – Große Lage – GG, Künstler, Rheingau

Optisch ein höchst intensives Goldgelb, fast schon Altgold; geruchlich geht’s mit konzentrierten, aber dennoch frischen Uglis und Yuzus sowie zunehmend Mandarine ordentlich zur Sache, schöne Großholzanmutung und ein Kalk-Korundgemisch in der Vormeldung. Es schmeckt dann nach noch mehr konzentrierter Agrumik, der Zestenanteil ist hier äußerst hoch, Yuzu, Minneloa, Pomelo ist nun die Reihung, dazu etwas Zitronengras; die kantige Säure hält alles gut niederviskos, mineralischerseits drängt sich eine blaue Schleifscheibe -naß in Betrieb natürlich- in den Vordergrund. Vom Nachspiel hat man mehrere Minuten was, trotz der opulenten Agrumik wirkt das Ganze leicht dehydrierend im besten Sinne, zusammen mit der agilen Säure führt das dazu, daß man die „Hölle“ auch solo ohne Anstrengung genießen kann, im Finale ansatzweise ein Kräuterbitterchen.

Nach wie vor ein ultralebendiges Dickschiff, das auch seine immerhin 14 Umdrehungen komplett verbergen kann, trotz aller Opulenz wirkt das auch nicht überkonzentriert oder gleitet in die künstlich-plakative Ecke ab, sondern versprüht sogar eine ordentliche Portion unbekümmerte Leichtigkeit. Insgesamt trotz seiner Fülle ein erstaunlich trinkiges GG; brauch ich zwar nicht alle Tage, aber zu so manchem Essen darf’s dann halt doch „a bisserl mehra sei“, und wenn’s dann dennoch fortgeschritten flutschig ist, umso besser…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

Nachfolgend der Text der Verkostung vom 16. Februar 2021:

Ich hab mir mal 2 GGchen gegönnt, die ich mir unter normalen Umständen nie blind gekauft hätte, einfach weil mir 14 Umdrehungen beim Riesling zumindest verdächtig erscheinen; aber mit bald 50 % Nachlaß hab ich’s dann doch gewagt. Jetzt dachte ich mir anläßlich des heutigen Gewokkes, daß so ein vermeintlich opulenterer Riesling ganz gut zu „chinesisch-scharf“ passen könnte:

2015er Riesling – Hochheim Hölle – trocken – Große Lage – GG, Künstler, Rheingau

Farblich ein helleres Altgold, ganz feine CO2-Perlen, wohl eine Folge des Schraubverschlusses. Für die Nase gibt’s recht mächtig, aber nicht übermächtig einen bunt gemischten, herben Zestenhaufen von Zitrone über Limette bis Pomeranze und Pampelmuse, leicht auch Korund. Schmeckt dann auch intensiv zestig, hier vermehrt auch Minneloa und Kumquat, wieder diverse Schleifmittel und etwas Töpferei, dazu eine recht kantig-knackige Säure. Der Ewigkeitsabgang ist dann insbesondere im Finale sehr herb-orange mit der Kumquat in der Pole, eine Reihe von kleinen, aber feinen Bitterleinchen wirkt sehr animierend.

Erstaunlich, wie niederviskos dieses Riesling-Dickschiff ist, weder die Zitrusopulenz noch der Alk haben irgendeine bremsende Wirkung, auch die China-Schärfe wird vom amtlichen Extrakt höllenmäßig weggebügelt, selbst das Solo-Glas danach strengt in keinster Weise an. Hätt ich fast noch mehr davon einsacken sollen! Filigran, tänzelnd, elegant -falls jemand eher danach sucht- sind allerdings gar keine Attribute für die Hölle…

Meine Wertung: Nachkauf 3 von 3, Gesamt 21 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: heute gibt’s zusätzlich noch ein paar Reifenoten wie Bienenwachs, Totholz und Ziegenbart, welche sich vor allem nasal bemerkbar machen. Wirkt auch insgesamt etwas geschmeidiger. Schöne Seitwärtsbewegung!

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