WRINT häppchenweise – incl. Nachträgen – Rev. 1

Bei den WRINT-Flaschen Podcasts mache ich eigentlich gerne mit, meist sind die Weinchen, die man sich dazu besorgt, recht gut oder zumindest interessant. Nur haben wir regelmäßig das Problem, daß wir zum jeweiligen Sendezeitpunkt -der meist irgendwann mitten in der Woche liegt- keine Leute dazu animieren können, gemeinsam die meist 3 Flaschen zu vernichten. So war das auch an diesem Mittwoch. Wir haben uns dann vorgenommen, zumindest einen der Weine zum Livestream zu öffnen und dessen Eignung zu Fettucine trifolato zu testen, wie es ab hier neulich im Weinforum diskutiert wurde. Allerdings fing der Stream erst um 20:30 h an und wir hatten bereits um 18:00 h „übelst Hunger“, sodaß wir die Wein-Food-Kombi (mit dem halben „Trebium“) zeitlich vorgezogen haben. Im Anschluß daran haben wir uns auf die Couch gelegt und einen der schrägen Coen-Filme angesehen, dabei dann noch den halben „Misco“ eingefüllt. Zwischendrin hab‘ ich ein bißchen im Chat zum Stream mitgemacht, aber den Podcast selbst habe ich dann auf später verschoben (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags weiß ich also noch gar nicht, was da so geredet wurde, muß ich beizeiten nachholen, –> done, siehe unten). Also alles nicht so, wie’s eigentlich von höherer Stelle gedacht war, aber trotzdem gut. Nun zu den Weinchen an sich:

1. Wein: 2017er Verdicchio – Misco – Verdicchio dei Castelli di Jesi Classico Superiore DOC, Tenuta di Tavignano, Marche

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Im Glas ein helles Goldgelb, geruchlich anfangs mitteldicht, dreht aber recht schnell auf mit süß anmutendem Kernobst aus der Mirabellen- und gelbe Pflaumenecke, auch leicht Kaugummi, aber erstaunlicherweise nicht plakativ / breit wirkend. Am Gaumen erst mal ein paar weiße Tannine mit minimaler Adstringenz, die Frucht hat zwar ein paar Breiteansätze, dazu eine Assoziation von Würgleys Sperrmint, aber die Säure incl. Zitronenschale rettet alles souverän auf die beschwingte Seite. Der Abgang hält ewig an und präsentiert die leicht kantig-scharfe Gelbfrucht mit einer geschmeidigen Säureunterstützung.

Durchaus schöner, weißer Süditaliener (wobei der Süden Italiens weintechnisch bei mir schon auf der Höhe Veronas anfängt) mit ungewohnten würzigen Kanten, schubse ich nicht von der Bettkante, zum Nachkauf fehlt mir aber doch noch das gewisse Etwas.

Übrigens: im Gambero Rosso 2019 hat dieser Wein die begehrten 3 Gläser abgeräumt. Hmmmmhhh…

Meine Wertung: Nachkauf 1 von 3, Gesamt 18 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: die leichten Kaugumminoten sind verschwunden, am Gaumen ist der Extrakt etwas erstarkt, ein leichtes Bitterchen ploppt auf, die Zitrone verliert ein bißchen an Einfluß. Ein bißchen Plus, ein bißchen Minus, qualitativ keine Bewegung.

Zu den oben schon erwähnten Fettucine trifolato, die auch aus Umbrien stammen sollen, gab’s den

2. Wein: 2018er Trebbiano Spoletino – Trebium – Spoleto DOC, Antonelli, Umbria

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Ein leicht gedämpftes, aber durchaus dichtes Goldgelb im Glas, riecht sehr intensiv und wenig primärfruchtig nach gelber Kaktusfeige und etwas Honigmelone sowie vor allem zu Beginn nach Bergapfelsaft, alles mit Specksteinmehl gepudert. Schmeckt dann in erster Linie naturtrüb apfelsaftig ohne Naturweintouch, durch das Gesteinsmehl leicht angecremt, etwas weißer Pfeffer, für süditalienische Verhältnisse eine sehr potente Säure, die jeden Breiteanflug unterbindet. Der ordentlich lange Abgang ist recht schmatzig, zeigt auch einiges an Kernobst bis hin zum weißen Pfirsich, gekonnte Spannung zwischen Extrakt und Säure mit ausgedehntem, milden Pfefferfinale.

Mit den meisten weißen Süditalienern (gemäß meiner obigen Definition) habe ich das Problem, daß diese im Säurebereich deutlich schwächeln und somit für mich anstrengend werden. Hier aber werden Druck, Frische und sogar etwas Eleganz sehr schön vereint, super Zeuch! Und paßte wirklich sehr schön zur Pasta, weder Petersilie, noch Sardellen oder der Knoblauch konnten den Spoleto ins Schwitzen bringen. Gleiche herausragende Bewertung wie bei meinem ersten Trebbiano Spoletino, der allerdings noch deutlich „eigener“ war.

Meine Wertung: Nachkauf 2 von 3, Gesamt 20 von 25

Nachtrag nach 24 Stunden mit Luft: In der Nase mutiert die Honigmelone fast zum Honig pur, aber „nur“ Akazienhonig, aus dem Bergafelsaft wird ein solcher von der grauen französischen Renette. Geschmacklich weicht der Apfelsaft etwas einem leicht gepfeffertem Pfirsich, die Säure kann sich dennoch gut behaupten, die Steingrundlage wird etwas blauer, außerdem tauchen einige malzig-torfige Noten auf. Beim sehr langen Abgang und insbesondere beim Finale dominieren Malz, Torf und Pfeffer, das deutliche, reife Steinobst spielt aber auch nachhaltig mit, hier hat die Säure allerdings nun etwas zu kämpfen, anstrengend wird’s aber noch nicht.

Hat von der Intensität nochmal deutlich zugelegt, die Frische geht jedoch etwas zurück, insgesamt eine schöne Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau.

Erst einen Tag später haben wir das rote Fläschchen geöffnet:

3. Wein: 2016er Rosso – Montefalco DOC, Antonelli, Umbria

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Dies ist übrigens eine Cuvée aus Montepulciano, Sagrantino und Sangiovese.

Im Glas ein dunkles Rubinrot mit leicht ziegeligen Rändern, geringe Transparenz. Fürs Näschen gibt’s rote Pflaumen, teils frisch, teils angedörrt, sowie ein paar dunkle Beeren aus der Heidel- und Brom-Ecke, dazu weihnachtliches Holz mit Zimt, Sternanis und Zigarrenkiste. Am Gaumen dann ein ordentliches Tanningerüst, diese sind jedoch butterweich und die daraus resultierende Adstringenz ist auch sehr flaumig; die (Dick-) Frucht kommt mit einem kleinen herben Begleiter, die Säure arbeitet eher im Verborgenen, macht das aber ganz gut; als mineralische Grundlage zeigen sich eher wenig Steine, dafür mehr Ackerscholle. Der schmatzige, lange Abgang lebt in erster Linie von der dicken, aber nicht kompottigen Frucht, die Säure vermeidet auch hier größere Anstrengungen, im Finale ein leichtes Campari-Bitterchen.

An sich ein typisch süditalienischer Dickwein, der jedoch trotz 14,5 Umdrehungen und teils eingedickt wirkender Frucht noch relativ gut fließfähig ist. Wenn schon dick, dann gerne so, ist aber dennoch nicht unbedingt ein Nachkaufkandidat für mich.

Meine Wertung: Nachkauf 1 von 3, Gesamt 19 von 25

Fazit: die Raffelt’sche Auswahl fand ich durchaus schön, auch wenn’s nur einer der Weine in meine Nachkaufriege geschafft hat. Der Spoleto bzw. Trebbiano Spoletino paßte auch wunderbar zu dem aus dem Weinforum vorgeschlagenen Gericht, war also alles gut. Ich fänd’s nur gut, wenn die Podcasts zumindest ab und zu wenigstens mal am Freitag stattfinden könnten…

Rev. 1: Mittlerweile hab‘ ich mir den Podcast auch angehört: interessant, daß unsere Wahrnehmung zu den Weinen deutlich anders war, insbesondere der „Trebium“ wurde in der Sendung gegenüber dem „Misco“ als deutlich breiter eingestuft. Vielleicht spielte auch die Kombi mit dem Essen mit, die bei uns zur Bewertung vice versa führte, aber auch einen Tag später ohne Essen hat sich die beschriebene Rangfolge klar bestätigt. Gut, daß die Geschmäcker so unterschiedlich sind…

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